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Eine Reise durch Kunst und Kultur
Eine Reise durch
Kunst und Kultur
dorthin, wo an steil aufsteigender Hauptstraße
das Fachwerkrathaus mit seinem malerischen
Erkertreppenturm liegt. Im „grünen Tal“ bachauf-
wärts, unweit des Dorfes, steht die Wallfahrtskirche
„Unserer Lieben Frau“ mit gotischem Chor und
modernem Langhaus. Auch wenn das heutige
Gnadenbild erst dem 14. Jahrhundert zugeschrie-
ben wird, zogen nachweislich schon seit der ersten
Hälfte des 13. Jahrhunderts Wallfahrer in das Tal
des Retzbaches, wo die Benediktiner der Abtei
Neustadt jahrhundertelang für die Pilger sorgten.
Folgen wir dem Retzbach weiter aufwärts, so führt
uns der Weg nach Retzstadt, das, eingebettet in
eine Rebenlandschaft, so ganz den Vorstellungen
eines fränkischen Häckerdorfes entspricht. Auf
einer Anhöhe liegt die ehedem wehrhafte, später
barock ausgestattete Kirche, an deren Frühzeit
heute nur noch der romanische Turm und Reste
eines romanischen Portals mit fantastischen Tierfi-
guren erinnern.
Gegenüber von Retzbach breiten sich auf der
anderen Seite des Mains die Häuser von Zellingen
aus. Aus der Retzbacher Wallfahrtskirche stammen
die klassizistischen Altäre von Peter Wagner in
der Maria-Hilf-Kapelle. Die Zellinger Pfarrkirche
wurde nach Plänen von Johann Philipp Geigel 1785
bis 1787 in einem Flügel des Weißen Schlosses
errichtet und von Materno Bossi in klassizistischer
Manier dekoriert. Die Wehrhaftigkeit des Markt-
ortes, der zeitweilig sogar Stadtrechte besaß,
demonstriert das gewaltige Markttor vom Ende
des 15. Jahrhunderts. Über Himmelstadt führt der
Weg nach Laudenbach. Dieses besitzt zum Main
hin einen Adelssitz und dann am steil ansteigenden
Berghang eine Julius-Echter-Kirche und die im
Bauernkrieg zerstörte Burg.
Noch oberhalb der Burgruine liegt am Berghang
der jahrhundertealte Laudenbacher Judenfriedhof,
eine gemeinsame Einrichtung zahlreicher jüdischer
Gemeinschaften im näheren und weiteren Umkreis.
Zusammen mit dem erst 1819 errichteten Friedhof
in Karbach, mit der als zentraler Erinnerungsstätte
eingerichteten ehemaligen Synagoge in Ursprin-
gen, 1803 erbaut, der 1819 erbauten Arnsteiner
A
uf die Verwüstungen des Dreißigjährigen
Krieges ist es hauptsächlich zurückzuführen,
dass bei dieser Reise durch den Landkreis
die Baukunst der Barockzeit eine beherrschende
Rolle spielt. Auf dieses Leitmotiv stimmt uns
bereits das an der Kreisgrenze gelegene Retzbach
ein. Die Häuser des Dorfes überragt die Pfarrkir-
che St. Laurentius, die 1736 bis 1740 nach Plänen
von Balthasar Neumann errichtet wurde. Von
der Anhöhe führen Treppen hinunter in das Dorf,
Dr. Leonhard Scherg
Bei unserer Reise durch Kunst und Kultur des Landkreises folgen wir in
der Tradition der Reiseführer des 19. Jahrhunderts von der Kreisgrenze an
dem Main flussabwärts. An seinem Ufer befinden sich, stark verallgemei-
nert, die bedeutsamsten Siedlungen; immer wieder muss aber der Fluss
verlassen werden, um auch in den Seitentälern Sehenswertes aufzuspü-
ren. Umgehungsstraßen, Maßnahmen der Dorferneuerung und der Stadt-
sanierung haben dazu beigetragen, dass unsere Gemeinden sich lebens-
und liebenswert präsentieren.
Die Dreifaltigkeitssäule
in Lengfurt