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Moderne Abfallbewirtschaftung
Trotzdem war schnell absehbar, dass Deponierung
alleine keine dauerhafte Perspektive darstellen
kann. Zum einen reagierte die betroffene Bevölke-
rung beim Ausbau neuer Deponieabschnitte oder
gar Diskussionen zu neuen Deponiestandorten
zunehmend sensibel und ablehnend. Zum anderen
ließ die allgemein zunehmende „Chemiesierung“
der Abfälle die bloße Ablagerung der Abfälle lang-
fristig immer kritischer erscheinen.
1994 entschloss sich der Landkreis deshalb, dem
Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt – einem
nach dem neuesten Stand der Technik errichteten
kombinierten Kohle-/Müllheizkraftwerk mit Kraft-/
Wärmekopplung – als Gesellschafter beizutreten
und daneben eine privatrechtlich betriebene
moderne Kompostieranlage errichten zu lassen.
Gleichzeitig wurde die Kreismülldeponie in Karl-
stadt um einen weiteren Bauabschnitt erweitert.
Damit waren die Voraussetzungen für langfristige
Entsorgungssicherheit geschaffen – man glaubte
damit für die Zukunft bestens gewappnet zu sein.
Mit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetzes im Oktober 1996 veränderten sich
die Abfallströme aber derart massiv, dass plötzlich
sämtliche bis dahin angestellten Planungen und
Prognosen Makulatur waren. Viele Abfälle – ins-
besondere die aus dem gewerblichen Bereich –
suchen sich seither die jeweils am Markt verfügba-
ren billigsten Entsorgungsanlagen.
Teilweise unzureichende technische Standards
wurden dabei ebenso ignoriert wie enorme Trans-
portentfernungen, was ökologisch höchst fragwür-
dig war. Weder überlastete Fernstraßen noch Maut
vermochten dies zu ändern. Erst das bundes-
rechtliche Deponierungsverbot für unbehandelte
1977 wurde den Landkreisen und kreisfreien
Städten die Abfallentsorgung übertragen. Voraus-
gegangen war die zum Teil leidvolle Erkenntnis,
dass nur auf dieser kommunalen Ebene umwelt-
verträgliche Lösungen zu vertretbaren Konditionen
geschaffen werden können. Die bis dahin zustän-
digen kreisangehörigen Gemeinden waren damit
angesichts des enormen Investitionsbedarfes für
die Entsorgungsanlagen oftmals überfordert.
Primäres Ziel war zunächst, die Abfallentsorgung,
die bis dahin größtenteils auf unkontrollierten Müll-
kippen stattfand, in „geordnete Bahnen“ zu lenken.
Im Landkreis Main-Spessart löste man dieses Pro-
blem mit der Errichtung einer zentralen Kreismüll-
deponie in Karlstadt – die heute noch in Betrieb
ist – sowie der landkreisweiten Einführung der Müll-
abfuhr. Danach konnten dadurch die weit über 100
über den Landkreis verteilten Müllkippen geschlos-
sen werden – ein Meilenstein für den regionalen
Umweltschutz. „Altbewährte Verhaltensmuster“
stellten sich dabei als großes Hindernis heraus,
zumal man gewohnt war, dass die Abfallentsorgung
kaum Geld kosten darf. Der Umweltschutzgedanke
steckte eben noch in den Kinderschuhen. Die zent-
rale Anlage bedeutete allerdings einen gewaltigen
Abfallstrom in Richtung Kreismülldeponie – das war
die Kehrseite des Erfolges.
Bei jährlich über 100.000 t zu deponierender
Abfälle allein im Landkreis Main-Spessart muss-
ten zwangsläufig immer neue Deponieabschnitte
errichtet werden, um Entsorgungssicherheit
gewährleisten zu können. Müllnotstand oder sons-
tige Engpässe waren aber im Landkreis Main-Spes-
sart – im Gegensatz zu vielen anderen entsor-
gungspflichtigen Körperschaften – kein Thema.
Moderne Abfallbewirtschaftung –
es gibt keine vernünftige Alternative dazu!
Das Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt