

Eine Reise durch Kunst und Kultur
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Für die zahlreichen aus den Dörfern und Städten
des Landkreises stammenden Geistlichen stehen
stellvertretend die Marktheidenfeld verbundenen
drei Brüder Hergenröther, Joseph (1824 – 1890) –
1879 zum Kurienkardinal und Präfekt des Vatika-
nischen Archivs ernannt –, Philipp (1835 – 1890)
und Franz (1847 – 1930), als Wissenschaftler und
Kirchenmänner zu ihrer Zeit von großer Bedeu-
tung. Urspringener Wurzeln haben die Pioniere des
amerikanischen Bundesstaates Oregon Seligmann
und Sigmund Heilner (1823 – 1886 bzw. 1834 – 1917)
und der Landschaftsmaler Clemens Fränkel
(1872 – 1944); die Wurzeln der amerikanischen
Schriftstellerin Gertrude Stein (1874 – 1946) liegen
in Weickersgrüben.
Um die heimische Geschichte und Kultur kümmern
sich die ehrenamtlichen Heimat- und Archivpfleger,
auf eigene Initiative hin tätige Heimatfreunde und
natürlich die Historischen Vereine, die es unter
unterschiedlichen Namen nicht nur in den ehema-
ligen Kreisstädten gibt. Landschafts- und Stadtfüh-
rer vermitteln das Wissen um die Besonderheiten
unseres Kreises. Mit Ausstellungen und Galerien,
mit einer bunten Musikszene, mit Kleinkunst,
Kabarett und Theater sind zahlreiche kulturelle
Aktivitäten zu verzeichnen. Zur Kultur und zum
Kulturbewusstsein trägt das gut ausgebaute, reich
gegliederte und vielseitige Schulsystem bei, das
sich aufgrund der demografischen Entwicklung in
einem Umbruch befindet. Ergänzt wird die schu-
lische Ausbildung von den Volkshochschulen mit
ihren berufsspezifischen und allgemeinbildenden
Kursen. Auf dem Gebiet der Musik leisten neben
den kommunalen Musikschulen private Einrichtun-
gen und die zahlreichen Gesang- und Musikvereine
eine nicht hoch genug einzuschätzende Kultur-
arbeit. Dass die Landschaft naturverbunden bleibt
und die menschlichen Siedlungen als Lebensraum
empfunden werden können, dafür sorgen die Obst-
und Gartenbauvereine, die Verschönerungsvereine
und die Naturschützer. Dazu, dass unser vielfältiger
Landkreis seine Besonderheiten bewahrt, leisten
sie alle einen wichtigen Beitrag.
Um Menschen und
Landschaft kennenzu
lernen, empfiehlt sich
die Zeit von Frühjahr
bis Herbst, wenn nicht
nur die Jahreszeit zu
Spaziergang, zum Wan-
dern und Radfahren
einlädt – ein gut aus-
gebautes Wander- und
Radwegenetz schaffen
dafür beste Vorausset-
zungen –, sondern auch
große und kleine Feste
mit Bier und Wein und
einer zünftigen Brotzeit
unvergessliche Erleb-
nisse ermöglichen.
Aber auch der Winter
hat seinen besonderen
Reiz.
enge Beziehungen bestanden, lassen sich in
der Abgeschiedenheit des Waldtales bzw. am
Rand des Spessarts die vielen Eindrücke unserer
Main-Spessart-Reise verarbeiten. Unweit von
Schollbrunn entfernt verläuft die volkstümlich als
„Äppeläquator“ bezeichnete „Appel-Apfel-Grenze“,
die bis heute in der Mundart hörbare Sprachgrenze
zwischen dem Rhein- und dem Mainfränkischen.
Dem Spessartbund und dem Länder und Land-
kreise übergreifenden Archäologischen Spes-
sart-Projekt ist es zu verdanken, dass das Wissen
um die Besonderheit unseres Raums erhalten blieb
und besonders in den letzten Jahren Aspekte der
Kulturgeschichte des Spessarts und der Rand-
landschaften aufgearbeitet wurden, und nicht
zuletzt, dass in großformatigen Bildtafeln an den
ausgewiesenen Kulturwegen und mit entsprechen-
den Faltblättern die besonderen Themen unserer
Landschaft erschlossen werden.
Zur Kultur eines Landkreises gehört neben der
Baukunst auch das religiös oder beruflich geprägte,
landschaftlich oder jahreszeitlich bestimmte
Brauchtum, dazu gehören, von Trachtengruppen
getragen, volkstümlicher Tanz und regionale
Kleidung, dazu gehört auch das Gedenken an die
berühmten Söhne und Töchter des Kreisgebiets,
die auf irgendeinem Gebiet zur allgemeinen Kultur
unseres Landes beitrugen. Von Bedeutung waren
Angehörige der im Kreis ansässigen, überörtlich
ausgerichteten Adelsfamilien, auf die hier aber
nicht näher eingegangen werden soll. Für alle in
der folgenden Auswahl vorgestellten Persönlichkei-
ten gilt, dass sie ihr Wirken erst in der Ferne ent-
falteten und ihre Bedeutung erlangten; daher sind
sie zum Teil auch erst recht spät an ihren Geburts-
orten wieder entdeckt worden. Aus Karlstadt stam-
men der universal gebildete Humanist Johannes
Schöner (1477 bis 1575), der Reformator Andreas
Bodenstein (etwa 1480 bis 1541), der Historiker
Michael Beuther (1522 bis 1587) und Johannes
Rudolph Glauber, einer der Wegbereiter der moder-
nen Chemie. In Arnstein geboren wurde Michael
Ignaz Schmidt (1736 bis 1794), Geschichtsschreiber
der Deutschen, im Arnsteiner Stadtteil Müdesheim
der Erfinder Franz Leppich (ca. 1775 – ca. 1818), der
am Brand von Moskau beteiligt war. Obersinn nennt
der Schriftsteller Leo Weismantel (1888 bis 1964),
Rieneck nennen die Schriftstellerbrüder Friedrich
(1888 bis 1977) und Anton Schnack (1892 bis 1973)
als Geburtsort.
Mit Ruppertshütten bzw. Michelrieth sind die
geistlichen Schriftsteller Martin von Cochem
(1634 – 1712) bzw. Johann Michael Dennscherz
(1691 – 1772) verbunden. Die Wiege des Bildschnit-
zers Hans Gottwalt (etwa 1480 bis 1543), des
Architekturtheoretikers Hans Blum (etwa 1520
bis nach 1550) und des Architekten Franz Jakob
Kreuther (1813 bis 1889) stand in Lohr. In Gemün-
den wurde Elias Hügel (1681 bis 1755) geboren,
1715 bis 1729 Hofbildhauer von Kaiser Karl VI.
Aus Marktheidenfeld stammen die Komponisten
Joseph Friedrich Fleischmann (1766 bis 1798) und
Michael Englert (1868 bis 1956) und der Land-
schaftsmaler Hermann Gradl (1883 bis 1964), aus
Lengfurt kommt Johann Joseph Neuff (1676 bis
1734), Meister in der Kunst des Dechiffrierens.