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Kreisstadt Karlstadt
und der Gesandtschaftssekretär am Hof Zar Peters
des Großen, Johann Georg Korb (1662 – 1741), sind
weitere große Söhne Karlstadts.
Die großartige gotische Stadtpfarrkirche
St. Andreas mit ihrem romanischen Westturm, aber
auch das beeindruckende Rathaus von 1422 sowie
die Spitalkirche St. Jakob und St. Wolfgang mit
ihren Passionsfresken sind Zeugen des Reichtums
im 15. Jahrhundert. Nach der Niederschlagung des
Bauernkrieges von 1525 wird Karlstadts Befestigung
aus dem 13. Jahrhundert verstärkt. Ein Jahrhundert
später wird die Stadt im Dreißigjährigen Krieg als
schwedische Festung zwischen 1631 und 1634 hart
mitgenommen, doch tritt bis zum Ende des 17. Jahr-
hunderts ein erneuter Aufschwung ein. Vor allem
in dieser Zeit entstanden die zahlreichen Fachwerk-
häuser, die das Gesicht der Altstadt prägen. Um sie
als denkmalgeschütztes Ensemble zu erhalten, aber
auch, um den historischen Baubestand behutsam
zu modernisieren, läuft seit 1974 ein großräumi-
ges mustergültiges Altstadtsanierungsprogramm,
sodass heute die Altstadt Fachleute und Besucher
gleichermaßen in ihren Bann zieht.
Mit dem Übergang an Bayern 1814 behält Karl-
stadt seine traditionelle Funktion als Amts- und
Verwaltungsort bei, wird Sitz eines königlichen
Landgerichts, später des Bezirks- und dann des
Landratsamtes. Die wirtschaftliche Umstrukturie-
rung begann mit dem Anschluss an das Eisenbahn-
netz 1853, setzte sich mit dem Brückenbau über
den Main 1880 fort und führte zur Ansiedlung des
Zementwerkes 1887.
Weitere Industrialisierung im letzten Jahrhundert,
verbunden mit leistungsfähigen Handwerks- und
Gewerbebetrieben, setzt diese Entwicklung bis
heute fort. Vor allem in den letzten Jahrzehnten ist
das Wachstum der Stadt sprunghaft vorangeschrit-
ten. Als Schulort mit zentraler Funktion verfügt sie
über alle wesentlichen weiterführenden Schul-
gattungen. Seit März 1973 ist Karlstadt Kreissitz
des aus den Altlandkreisen Gemünden, Karlstadt,
Lohr und Marktheidenfeld neu gebildeten Land-
kreises Main-Spessart. Eingemeindet im Zuge der
Gemeindegebietsreform wurden die bis dahin neun
selbstständigen Gemeinden Gambach, Stetten, Heß-
lar, Karlburg, Mühlbach, Laudenbach, Wiesenfeld,
Rohrbach und Stadelhofen. Karlstadt zählt heute
ca. 15.000 Einwohner.
Für den Touristen liegen Karlstadt und seine
Stadtteile an der „Nahtstelle“ zwischen dem
Weinland am Main, den Wäldern des Spessarts
und den Vulkankegeln der Vorrhön. Den zahlrei-
chen Sehenswürdigkeiten innerhalb der Stadt-
grenzen gesellen sich jene der Nachbarstädte,
vor allem Würzburgs, bzw. die einmaligen Natur-
schutzgebiete mit überaus seltenen Pflanzen
hinzu. Zugleich ist Karlstadt vor allem für seine
kulturellen Veranstaltungen, wie z. B. „Musik in
historischen Häusern und Höfen“, sowie für sein
hervorragendes und abwechslungsreiches gast-
ronomisches Angebot bekannt. So ist Karlstadt
Gewinner des Wettbewerbs „Gastfreundlichste
Stadt der BR-Radltour 2011“.
Kreisstadt Karlstadt
Im Kreis ihrer neun Ortsteile ist die Kernstadt
Karlstadt historisch fast ein „Neuankömmling“.
Gerade dies aber macht ihre Geschichte und Ent-
wicklung besonders interessant. Die Stadt wurde
zwischen 1198 und 1202 durch den Würzburger
Bischof und ehemaligen staufischen Kanzler
Konrad von Querfurt als befestigte Stadt auf
dem Reißbrett geplant und gegründet, um dem
weiteren Vordringen der Grafen von Rieneck,
der Fürstabtei Fulda und des Erzstiftes Mainz im
Nordwesten des Bistums Würzburg zu begegnen.
Nahezu unversehrt bewahrt die Altstadt bis heute
den regelmäßigen Rastergrundriss stauferzeitli-
cher Stadtarchitektur.
Durch steuerliche und wirtschaftliche Privilegien,
aber auch aufgrund der günstigen Verkehrslage
entwickelte sich Karlstadt, von Anfang an mit
dem Stadtrecht ausgestattet, rasch, und bald
schon führten der dominierende Weinbau und
die Handwerke, die sich auf die Bedürfnisse
des Umlandes spezialisierten, zu beachtlichem
Wohlstand. Karlstadt wurde, nach Würzburg, zur
wichtigsten Stadt des Bischofs und Zentrum des
größten geistlichen Landkapitels im Hochstift
Würzburg sowie Amtsstadt der weltlichen Verwal-
tung im Herzogtum Franken.
Berühmte Humanisten – der Mathematiker,
Geograf und Astronom Johann Schöner, die
Reformatoren Andreas Bodenstein (genannt Dr.
Karlstadt) und Johannes Drach sowie der Histo-
riker Michael Beuther – wurden zwischen 1477
und 1522 hier geboren. Sie leisteten bedeutende
Beiträge zur Entwicklung der Reformation und
der Wissenschaft. Der „Vater der deutschen
Chemie“, Johann Rudolph Glauber (1604 – 1670),
Gemünden a.Main