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Auf den Katastrophenfall vorbereitet
Die Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) hat die Einsatzleitung im Landkreis, wenn es zu einem großen Unglück kommt. Ihre zentrale Aufgabe: der Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen.
Erfolgreiche Schulung neuer FüGK-Mitglieder im Landratsamt Main-Spessart im Sommer 2024.
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Auf den Katastrophenfall vorbereitet
Die Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) hat die Einsatzleitung im Landkreis, wenn es zu einem großen Unglück kommt. Ihre zentrale Aufgabe: der Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen.

Fast 160 Menschen waren in Gefahr, als an einem späten Samstagabend im Sommer 2023 ein Kreuzfahrtschiff auf dem Main leckschlug. Die „Amadeus Elegant“ schaffte es gerade noch so nach Karlstadt. Die Passagiere, überwiegend Senioren aus Großbritannien, mussten evakuiert werden. Ein Großereignis, das nicht nur durch die Blaulichtorganisationen bewältigt wurde. Auch wenn das Schiffsunglück glücklicherweise nicht das Ausmaß einer Katastrophe erreicht hat, braucht es eine koordinierende Stelle: die Führungsgruppe Katastrophenschutz, Abkürzung FüGK.
Jacqueline Ratka, studierte Volljuristin und Abteilungsleiterin für öffentliche Sicherheit am Landratsamt, leitet die Führungsgruppe. „In solchen Fällen geht es einerseits um die Rettung von Menschen, aber auch darum, Umweltgefährdungen durch auslaufende Betriebsstoffe oder einen Stillstand der Schifffahrt zu verhindern. Die Tragweite der Entscheidungen, die für Menschen und Natur große Auswirkungen haben, bedarf daher der strukturierten Koordination und Bewältigung in Form eines Stabes gemeinsam mit Experten und den Einsatzkräften vor Ort“, sagt Ratka. Bis zu 35 Menschen arbeiten je nach Ereignis und dessen Ausmaß im Landratsamt als FüGK im Schichtdienst.
Einblicke in die Arbeit der FüGK zeigen: Jede Katastrophe ist individuell
„Die Herausforderungen, denen wir zum Schutz vieler Menschenleben begegnen, sind sehr unterschiedlich, beispielsweise bei Hochwasser, Chemieunfällen oder Waldbränden, weshalb es verschiedenster Fachkompetenzen bedarf – denn jede Katastrophe ist individuell“, so Ratka. Die FüGK besteht aus Mitarbeitenden des Landratsamtes aller Abteilungen und externen Fachberatern. Sophia Huth ist seit vier Jahren Katastrophenschutzsachbearbeiterin und hat in der FüGK die Funktion der Führungsassistenz. „Ob eine Katastrophe vorliegt, hängt vom Schadensausmaß und den verfügbaren Ressourcen ab. Jedes Ereignis bedarf einer Einzelfallbetrachtung bezüglich der zu treffenden Maßnahmen durch die Führungsgruppe“, sagt die 26-Jährige.
Vor dem Hintergrund einer noch engeren Zusammenarbeit der Blaulichtorganisationen und der Verwaltung plant der Landkreis den Bau eines Katastrophenschutz- und Ausbildungszentrums in Karlburg. In diesem sollen neben dem Krisenstab auch Ausbildungsmöglichkeiten und etwa der Bereich Atemschutz der Feuerwehr untergebracht werden. Auf angrenzenden Grundstücken besteht die Möglichkeit, dass sich andere Blaulichtorganisationen, etwa Technisches Hilfswerk und Bayerisches Rotes Kreuz, ansiedeln könnten.
Wie Katastrophenschutzeinheiten aus Main-Spessart beim Hochwasser 2024 im Süden halfen
„Die Aufgabe der Einsatzkräfte ist es, vor Ort den Schaden zu bewältigen. Wir prüfen als übergeordneter Verwaltungsstab parallel, welche weiteren Auswirkungen die Katastrophe auf den Landkreis haben könnte, um negative Folgen für die Bevölkerung zu verhindern oder zumindest einzudämmen. So konnten auch alle Passagiere der ‚Amadeus Elegant‘ wohlbehalten die Heimreise antreten. Für die Krisenbewältigung sind wir auch mit der Regierung von Unterfranken in Kontakt, um bei Bedarf weitere Hilfsressourcen zu erhalten“, so Ratka. „Gerade bei langen und kräfteintensiven Einsätzen greift das Hilfeleistungssystem in Bayern. Hier unterstützen die Landkreise sich gegenseitig in den betroffenen Gebieten“, erklärt Huth. „Über die Regierungen haben wir Anfang Juni 2024 Anfragen bekommen, ob wir in einem sogenannten Hilfeleistungskontingent mit Einheiten unterstützen können, als verheerende Hochwasser weite Teile Bayerns heimsuchten und insgesamt 18 Landkreise oder Städte den Katastrophenfall festgestellt haben“, erinnert sich Ratka. So halfen zahlreiche Einsatzkräfte aus Main-Spessart in den betroffenen Regionen.
Größte Aufgabe: Präventionsmaßnahmen
Der Main, aber auch kleinere Flüsse und Bäche wie die Wern bieten bei hohen Niederschlägen Gefährdungspotenzial vor der eigenen Haustür. „Wir haben ganz grundlegend immer das Wetter, Waldbrandstufen oder Flusspegel im Blick, um vorbereitet zu sein. Wenn sich mögliche Gefahren abzeichnen, bereiten wir uns konkret darauf vor und treffen erste Maßnahmen“, beschreibt Sophia Huth die Arbeit. Die Prävention sei einer der größten Aufgabenblöcke im Katastrophenschutz, mit dem sich das Team des zuständigen Sachgebiets unter Abteilungsleiterin Ratka befasst. „Da gehört auch dazu, die FüGK im Landratsamt, die im Einsatzfall zum Tragen kommt, auszubilden. Im Spätsommer haben wir eine Schulung mit Unterstützung der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried durchgeführt, in der wir 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem ganzen Haus ausgebildet haben“, beschreibt Ratka.
Die erfolgversprechendste Vorbereitung auf eine Katastrophe beginne aber bei einem selbst, sagt die Juristin: „Der beste Schutz für die Gemeinschaft ist, wenn sich jeder vorbereitet. Nachbarschaftliche Hilfe gehört zur Klaviatur, genauso wie genügend Nahrung oder Trinkwasser vorrätig zu haben. Jeder, der sich selbst oder seinen Nachbarn helfen kann, ist im Vorteil, denn auch die beste Hilfe kann bei Krisen und Katastrophen nicht überall gleichzeitig zur Stelle sein.“ •
Fotos: Fotos: Elena Hurt, Patty Varasano

Egal ob Hochwasser, Waldbrand oder Chemieunfall: Katastrophenschutzsachbearbeiterin Sophia Huth (links) und Abteilungsleiterin Jacqueline Ratka von der FüGK (Führungsgruppe Katastrophenschutz) wappnen sich für mögliche Katastrophen im Landkreis.

